Börse

Rezessionsfurcht: Trübe Stimmung an den Börsen - Goldnachfrage steigt

Lesezeit: 2 min
13.06.2022 16:45  Aktualisiert: 13.06.2022 16:45
Zinserhöhungen und Inflation drücken die Börsenkurse. Derweil kaufen Privatanleger wieder mehr Gold. Experten rechnen nicht mit einer baldigen Entspannung.
Rezessionsfurcht: Trübe Stimmung an den Börsen - Goldnachfrage steigt
Die fallenden Kurse drücken die Stimmung an der Börse. (Foto: iStock.com/SARINYAPINNGAM)
Foto: SARINYAPINNGAM

Beobachter erwarten kein baldiges Ende der sinkenden Kurse an den Finanzmärkten. „Um aus der Bärenmarkt-Rallye eine nachhaltige Aufwärtsbewegung zu machen, müssten die weltweiten Konjunkturdaten wieder verstärkt überraschen, um dem aktuell fundamentalen Gegenwind entgegenzuwirken“, sagte Robert Halver von der Baader Bank. Doch das breite Spektrum an untereinander verbundenen Risiken wie der Ukraine-Krieg, Zinsangst, chinesische Null-Covid-Politik oder Lieferkettenprobleme mache den Börsen zu schaffen. „Fundamental sind die Perspektiven wenig erhellend.“

Laut dem technischen Marktanalysten Christoph Geyer verunsicherten die angekündigten Zinserhöhungen die Marktteilnehmer. „Daher ist zwar mit einer Stabilisierung und gegebenenfalls auch einer Erholungsbewegung zu rechnen, eine nachhaltige Trendwende nach oben ist gleichwohl kaum zu erwarten.“

Zum Ende der vergangenen Woche schlossen die deutschen und amerikanischen Börsen mit tiefroten Zahlen. Die Inflation stieg in den USA auf 8,6 Prozent, wie am Freitag bekannt wurde. Ökonomen hatten mit 8,3 Prozent gerechnet. Außerdem mussten Weltbank und OECD die Prognose für das globale Wirtschaftswachstum deutlich senken - von 4,1 auf 2,9 Prozent beziehungsweise von 4,5 auf 3 Prozent.

Sorge vor neuer Euro-Krise

Robert Halver sieht auch die Gefahr einer neuen Euro-Schuldenkrise keineswegs gebannt. Die EZB werde die Zinserhöhungen langsam angehen, vermutet er, denn die europäische Kette sei nur so stabil wie ihr schwächstes Glied. „Und es gibt einige muskelschwache Länder. Würde man ihnen das Stützkorsett der geldpolitischen Planwirtschaft komplett wegnehmen, geriete so manches überschuldete romanische Euro-Land in arge Finanznot.“ Die Sorge darüber zeige sich bereits an den Finanzmärkten: Die Zinsspannen dieser Länder habe sich zu deutschen Zehnjahres-Staatsanleihen binnen sechs Monaten ungefähr verdoppelt. „Würde sich diese Entwicklung fortsetzen, riskierte man im Extremfall die nächste Schuldenkrise.“

Am Mittwoch verkündet nun die FED, um wie viel Prozentpunkte der US-Leitzins weiter steigen wird. Die Mehrheit der Beobachter rechnet mit einem Anstieg von 0,5 Prozentpunkten. Damit läge der Leitzins in der Spanne von 1,25 bis 1,5 Prozent.

Wie die Märkte auf die Zinserhöhung reagieren, dürfte vom Tempo der Zinsanstiege abhängen. Anhebungen von 0,5 Prozentpunkten dürften bereits eingepreist sein, aber ein Anstieg von 0,75 Prozentpunkten könnte für neue Unruhe sorgen. „Zinserhöhungen um 50 Basispunkte pro Sitzung sind die neue Normalität“, fasst Patrick Franke von der Helaba zusammen. Seine Begründung: „Obwohl sie den Spielraum hatte, bewegte sich die Fed 2021 erst mal gar nicht und dann nur im Schneckentempo.“ Das räche sich nun: Die schnellere, stärkere Straffung berge erhebliche Rezessionsrisiken für 2023 und 2024.

„Deutsche Goldnachfrage übertrifft Rest der Länder“

Derweil flüchten die Anleger wieder vermehrt in Gold. Der Preis stieg am Freitag auf US-Dollarbasis um 1,2 Prozent an, nachdem das Arbeitsministerium die neuen Inflationszahlen verkündet hatte. Auch die private Investmentnachfrage zieht laut Zahlen von BullionVault an. In westlichen Ländern habe sie so hoch gelegen wie seit 12 Monaten nicht mehr, teilte der Edelmetallhändler mit. „Die deutsche Goldnachfrage übertrifft nach wie vor den Rest der reichen westlichen Länder“, sagte der Mitarbeiter Adrian Ash. Ursachen sind laut Ash die Inflation, der Ukraine-Krieg und der in den vergangenen Wochen rückläufige Goldpreis.

Gold hat sich seit Jahresbeginn mit am stärksten von allen Anlageklassen entwickelt. Bis 6. Juni stieg der Preis auf Eurobasis um 8,9 Prozent. Silber verbuchte ein leichtes Plus von 0,9 Prozent. Hingegen fielen die Kurse von US-Staatsanleihen (-5,5 Prozent) und Bundesanleihen (-7,5 Prozent). Tief im Minus stehen auch der US-Aktienindex S&P 500 (-11,9 Prozent), der chinesische Aktienindexes CSI 300 (-12,9 Prozent), der Dax (-13,4 Prozent) und Bitcoin (-33,7 Prozent). (dpa/eli)

***

Altersvorsorge-neu-gedacht.de ist eine Publikation von Bonnier Business Press Deutschland und ist Ratgeber zu den Themen Vorsorge und Geldanlage.


Mehr zum Thema:  

ANG
Geldanlage
Geldanlage Börse Frankfurt-News: ETFs: Jetzt "America first"
01.07.2025

Lieber europäische als US-amerikanische Aktien? Das ist vorbei. Im Moment kommen US-Werte besser an. Außerdem bleiben Rüstungs-ETFs...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Experten fordern: Ältere Menschen besser vor Hitze schützen
01.07.2025

Ältere Menschen sind bei starker Hitze besonders gefährdet. Beim Schutz dieser Gruppe hat Deutschland einer Analyse zufolge deutlichen...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Koste

ANG
Immobilien
Immobilien Wohnen bleibt Luxus: Immobilienpreise steigen weiter deutlich
30.06.2025

Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sind erneut gestiegen. Laut dem Statistischen Bundesamt lagen die Kaufpreise für Häuser und...

ANG
Börse
Börse Northvolt-Insolvenz: Staatliche Förderung im Fokus des Haushaltsausschusses
24.06.2025

Die Insolvenz des schwedischen Batterieherstellers Northvolt hat nun auch politische Konsequenzen auf Bundesebene: Am Mittwoch befasst sich...

ANG
Geldanlage
Geldanlage Deutschlands herrenlose Konten: Bundesregierung will auf Gelder von Privatkonten zugreifen
24.06.2025

Union und SPD möchten jetzt an die Ersparnisse ran: Guthaben von inaktiven Konten sollen dem Staat zugeschlagen werden, um einen Fonds...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Neuer Tarifvertrag stärkt Altersvorsorge für Filmschaffende
23.06.2025

Nach jahrelangen Verhandlungen wurde nun ein entscheidender Fortschritt erzielt: Die Gewerkschaft Verdi, die Schauspielergewerkschaft BFFS...

ANG
Geldanlage
Geldanlage 10.000 Euro investieren: Wie man mit Strategie ein stabiles Anlageportfolio aufbaut
17.06.2025

Mit 10.000 Euro Vermögen starten? Experten raten zu Diversifikation, ETF-Strategien, Anleihen und Zukunftsthemen wie KI, Verteidigung,...