Der Außenwert einer Währung reflektiert unter anderem die Stabilität und die wirtschaftlichen Aussichten eines Währungsraums. Wertet eine Währung ab, dann schätzen die Marktteilnehmer die Zukunftsaussichten anderer Währungsräume höher ein.
Es ist denn bezeichnend, dass der Euro im Juli erstmals seit 20 Jahren weniger also ein US-Dollar wert war. Rekordschulden, Inflation und der Energiekrieg mit Russland verleiteten Investoren dazu, in den Schweizer Franken oder den US-Dollar zu flüchten. Seit der Finanzkrise 2008 hat der Euro mehr als die Hälfte seines Wertes gegenüber dem US-Dollar eingebüßt.
Privatanleger können sich vor Kaufkraftverlusten oder einem Eurocrash schützen, indem sie Geldvermögen über mehrere Währungen streuen. Der BWL-Professor Hartmut Walz erklärt im Gespräch mit ANG, dass er zwar nicht mit einem nahen Ende des Euros rechne. „Trotzdem rate ich auch bei Währungen zur Diversifikation und damit dazu, einen Teil der Liquiditätsreserve in Fremdwährungen anzulegen.“
Vorsicht Währungsrisiko
Walz empfiehlt für die Cashposition im Portfolio einen hohen Euroanteil und eine kleinen Anteil von Fremdwährungen, etwa 80 Prozent Euro und 20 Prozent Devisen. Der Fremdwährungsteil könne wiederum aus drei oder vier Devisen bestehen, die zwischen 5 und 8 Prozent Gewicht an der gesamten Cashposition hätten, erklärt der Finanzexperte der Hochschule Ludwigshafen am Rhein.
„Den vielleicht für manche Leser überraschend hohen Euro-Anteil begründe ich damit, dass Sie ja wahrscheinlich Ihren Lebensabend innerhalb der Eurozone verbringen wollen und somit Kaufkraft in Euro benötigen“, erläutert Walz. Wer hingegen auswandern wolle, solle schon frühzeitig den Anteil der Währung des Ziellandes erhöhen.
Hintergrund ist, dass Währungen im Wert zueinander enorm schwanken. Etwa hat der Euro gegenüber den meisten großen Währungen in den vergangenen 12 Monaten abgewertet, etwa dem US-Dollar (-17 Prozent), dem chinesischen Renminbi (-10 Prozent), dem Rubel (-30 Prozent) und dem Schweizer Franken (-10 Prozent). Bloß in britischen Pfund hat der Euro an Wert gewonnen (+0,6 Prozent).
Liquide Währungen für Krisen
Wer also sein Geld in Rubel oder US-Dollar angelegt hätte, hätte seine Kaufkraft in Euro deutlich erhöht. Doch Wechselkurse lassen sich nicht voraussagen, insbesondere über die kurze Frist. Je höher also der Fremdwährungsanteil in der Liquiditätsreserve, desto höher das Risiko von Vermögensverlusten durch Währungsabwertung (Währungsrisiko).
Welche Währung ins Portfolio wandert, hängt von den individuellen Zielen ab. Wer in einer Krise liquide bleiben möchte, sollte laut dem Finanzexperten Sebastian Hell keine Kleinwährungen wie den Singapur-Dollar oder den israelischen Schekel halten. Diese ließen sich im Extremfall womöglich schwer oder gar nicht in Euro umtauschen – im Gegensatz zu größeren Währungen wie dem Schweizer Franken oder dem US-Dollar, erklärt Hell in einem Youtube-Video.
Laut der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich ist der US-Dollar die mit Abstand liquideste Währung. Das Institut schätzt die Umsätze an den weltweiten Devisenmärkten in der alle drei Jahre erscheinenden „Triennial Central Bank Survey 2019“. Am meisten gehandelt wird demnach der Euro mit dem US-Dollar (24 Prozent Marktanteil). Dahinter folgen elf Währungspaare mit dem US-Dollar. An 13. bis 15. Stelle liegen die Währungspaare Euro/Britisches Pfund (2 Prozent), Euro/Japanischer Yen (1,7 Prozent) und Euro/Schweizer Franken (1,1 Prozent).
Politische Stabilität und Geopolitik
Der Fondsmanager Max Otte rät außerdem dazu, sich bei der Kapitalanlage im Ausland auf drei Kriterien zu fokussieren: Die Staatsverschuldung und Wirtschaft eines Landes, die Sicherheit vor geopolitischen Risiken und der Rechtsstaat/sozialer Friede/Zustand der Gesellschaft.
Otte vergibt in seinem Buch Weltsystemcrash (2019) zehn Punkte pro Kriterium und sieht denn Liechtenstein vorne (25 Punkte), wo mit dem Schweizer Franken bezahlt wird. Danach folgen die Schweiz (23 Punkte), Neuseeland und Kanada (je 21 Punkte) sowie Norwegen und die USA (je 19 Punkte). Insbesondere geopolitische Konflikte stellen ein wachsendes Risiko dar, wie das Beispiel Russlands zeigt, das von den westlichen Kapitalmärkten durch Sanktionen weitgehend abgeschnitten ist. Ähnlich könnte es zukünftig auch Staaten wie China ergehen, die Gegenspieler der NATO beziehungsweise der USA sind.
Ein weiteres Kriterium: Die Geldpolitik der jeweiligen Zentralbank. Wenn eine Zentralbank Kredite ins Bankensystem pumpt, verwässert sie damit auch den Außenwert der Währung. Vorteilhaft sind also Länder mit einer traditionell strafferen Geldpolitik. Etwa hat die Schweizer Nationalbank die Geldmenge während der Corona-Krise deutlich langsamer ausgeweitet als die EZB oder die Federal Reserve. Gleichwohl setzte die SNB den Leitzins auf minus 0,75 Prozent und erhöhte zuletzt auf minus 0,25 Prozent, weshalb auch in der Schweiz Negativ- oder Nullzinsen drohen.
Währungen von Rohstoffexporteuren
Der Liechtensteiner Vermögensverwalter Incrementum schlägt zudem vor, Währungen von rohstoffexportierenden Ländern zu halten. Diese seien eine Absicherung gegen global steigende Inflationsraten, weil die Rohstoffpreise in der Regel in Inflationsphasen anziehen würden. Der Vorteil sei, dass keine Lagerkosten anfallen würden, erklärt Incrementum im Inflationsreport 2020. Eine Option sind etwa die Norwegische Krone oder der Kanadische Dollar.
Der Finanzexperte Sebastian Hell sieht derweil den Schweizer Franken als Fluchtwährung vorne. Das Land sei politisch stabil und stelle kein großes geopolitisches Risiko dar. Außerdem sei der Schweizer Franken liquide und habe in den vergangenen fünf Jahren zum Euro aufgewertet. Ein weiterer Vorteil: Die Schweiz und Liechtenstein liegen nahe der deutschen Grenze, weshalb Privatanleger leichter vor Ort ein Konto eröffnen oder Bargeld abheben können.
Auch der Fondsmanager Markus Elsässer rät neben dem US-Dollar zum Schweizer Franken. „Für die Schweiz ist ein starker Schweizer Franke enorm wichtig und dieser Wunsch ist tief im wirtschaftlichen Denksystem der Schweizer verankert“, erklärt er in einem Artikel. Außerdem habe die Schweiz ein starkes Haushaltsbudget und etwaige Null- oder Negativzinsen ließen sich durch eventuelle Wechselkurs-Gewinne ausgleichen. Gleichwohl sollten Kontoguthaben die Einlagensicherung von 100.000 Schweizer Franken in Liechtenstein und der Schweiz nicht übersteigen.
Gold als Fluchtwährung
Wer von Bargeld oder einem Auslandskonto nichts hält, kann Staatsanleihen des jeweiligen Landes kaufen, wie der Finanzexperte Hartmut Walz erklärt. Anleger sollten auf relativ kurzlaufende Staatsanleihen mit beispielsweise drei oder vier Jahren Restlaufzeit setzen und bei Endfälligkeit wieder neu investieren. „Der Nachkauf der Staatsanleihen ist in wenigen Minuten erledigt.“
Das relative Zinsänderungsrisiko könne im Zweifel „ausgesessen“ werden, erklärt Walz. Steigt der Marktzins in dem jeweiligen Land über den Zinssatz der Anleihe – etwa weil die Zentralbank die Zinsen erhöht hat –, sinkt der Marktpreis der Anleihe. Dabei sinkt der Preis umso kräftiger, je höher der Zinsanstieg und je länger die Restlaufzeit der Anleihe. Wer hingegen die Anleihe bis zur Endfälligkeit hält, bekommt vom Herausgeber den vollen Nennwert ausbezahlt.
Incrementum sieht derweil in Gold die beste Fluchtwährung. Das Edelmetall habe die Kaufkraft über lange Zeiträume deutlich besser erhalten als alle großen Papierwährungen. Währungen seien in einer modernen, inflationären Wirtschaft ein problematisches Wertaufbewahrungsmittel, selbst wenn sie nicht kollabierten. Denn ein Blick in die Geschichte zeige, dass die Staaten Währungen meist entwerteten, um Haushaltsdefizite zu finanzieren. „Gold sollte stets als ultimative Währung und keineswegs als Rohstoff betrachtet werden“, erklärt Incrementum.