In den beliebten Großstädten sind Kaufpreise für Wohnungen in den vergangenen Jahren explodiert. Doch auch die kleineren Städte sind von Steigerungen nicht verschont geblieben – teilweise sind die Kaufpreise doppelt so hoch als vor fünf Jahren. Das zeigt eine aktuelle Analyse von immowelt, wofür die Angebotspreise von Eigentumswohnungen (40 bis 120 Quadratmeter) in 83 ausgewählten Mittelstädten (50.000 bis 100.000 Einwohner) untersucht wurden. Demnach haben sich in allen Städten die Kaufpreise seit 2015 verteuert, in 60 Gemeinden sogar um mehr als 50 Prozent. Auch die Corona-Krise hat sich bisher nicht preissenkend ausgewirkt – die Nachfrage nach Wohneigentum ist während der Pandemie sogar nochmal gestiegen, was die Preise weiter nach oben getrieben hat.
Verdopplung der Preise in Bayreuth, Flensburg und Schwerin
Den stärksten Anstieg verzeichnet das nordbayerische Bayreuth: Vor fünf Jahren kosteten Eigentumswohnungen noch 1.800 Euro pro Quadratmeter, aktuell werden sie für im Median 3.750 Euro angeboten. Das ist ein Plus von 108 Prozent und damit mehr als eine Preisverdopplung. Die oberfränkische Mittelstadt erfreut sich dank guter Jobaussichten und angesehener Universität großer Beliebtheit. Die Einwohnerzahlen und damit die Nachfrage nach Wohnraum steigen. Zusätzlich entstehen zahlreiche hochpreisige Neubauwohnungen, die nach und nach am Markt angeboten werden. Das zusammen führt zu einem derart starken Preisanstieg.
Eine starke Neubauaktivität und große Preisanstiege lassen sich auch in zahlreichen weiteren Städten beobachten. Mit einem Plus von 97 Prozent weist Flensburg den zweitstärksten Anstieg aller Städte auf. Das Preisniveau ist allerdings deutlich niedriger als in Bayreuth: Der Quadratmeter wird aktuell für 2.280 Euro angeboten. Eine vergleichbare Entwicklung hat auch Schwerin hinter sich: in der Landeshauptstadt Mecklenburg-Vorpommerns müssen Käufer nach einem Anstieg von 94 Prozent mit 2.470 Euro rechnen. Die Quadratmeterpreise in Neustadt an der Weinstraße (+95 Prozent) und Passau (+92 Prozent) knacken inzwischen sogar die 3.000-Euro-Marke.
Großstädte treiben Preise
Viele Mittelstädte profitieren wirtschaftlich von der Nähe zu Großstädten. Allerdings hat dies auch häufig Preissteigerungen zur Folge, da kleinere Städte im Umland stärker in den Fokus der Käufer rücken. Pulheim im Westen Kölns ist ein Beispiel: Nach einem Plus von 86 Prozent kostet der Quadratmeter mit 4.160 Euro fast so viel wie in der Rheinmetropole. Auch in Esslingen (+76 Prozent; 3.870 Euro) und Bad Homburg (+70 Prozent; 4.160 Euro) treibt die Nähe zu Stuttgart beziehungsweise Frankfurt das Preisniveau weiter nach oben.
Besonders in Bayern und Baden-Württemberg ist das Preisniveau aber auch abseits der Großstädte hoch: Mit Quadratmeterpreisen von 5.250 Euro liegt mit Konstanz (+40 Prozent) auch die teuerste Stadt der Analyse im Süden. Die Lage am Bodensee gepaart mit einer guten Wirtschaft und angesehenen Universität machen die Stadt beliebt und teuer. Weitere Hochschulstandorte wie Rosenheim (4.910 Euro; + 68 Prozent), Tübingen (4.390 Euro; +46 Prozent) oder Landshut (4.240 Euro; +47 Prozent) befinden sich ebenfalls am oberen Ende der Preisskala.
Starke Anstiege in günstigen Städten
Wie weit die Preisschere bei den Kaufpreisen deutschlandweit aufgegangen ist, zeigt der Blick auf die günstigsten Städte. Die niedrigsten Kaufpreise werden derzeit im sächsischen Görlitz verlangt: Trotz Anstieg von 69 Prozent kostet eine Eigentumswohnung im Mittel 810 Euro pro Quadratmeter und damit rund ein Sechstel von Konstanz. Obwohl die Einwohnerzahlen zuletzt wieder nach oben zeigen, ist die Nachfrage nach Wohneigentum gering und das Preisniveau dementsprechend niedrig. Auch im thüringischen Gera (860 Euro; +46 Prozent) und im niedersächsischen Goslar (920 Euro; +70 Prozent) ist der Immobilienkauf preiswert. Häufig sind die angebotenen Wohnungen allerdings renovierungsbedürftig, sodass Käufer mehr Geld einplanen müssen. Generell zeigt auch in vielen günstigen Regionen die Preiskurve steil nach oben: Zwickau (980 Euro) und Wilhelmshaven (1.550 Euro) verzeichnen einem Anstieg von je 96 Prozent. Damit zählen sie zu den Städten mit den höchsten prozentualen Zuwächsen.
Protest in Berlin
Nach dem Ende des Mietendeckels macht in Berlin aktuell eine Enteignungsinitiative Stimmung gegen die steigendenden Immobilienpreise und deren Auswirkungen – die steigenden Mieten. Die Bürgerinitiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen" hat in Berlin nach zwei Monaten rund 130.000 Unterschriften gesammelt. Das teilte die Landeswahlleitung am Montag mit. Die Initiative setzt sich dafür ein, Immobilienunternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen gegen eine Milliardenentschädigung zu enteignen. Sie hat noch zwei weitere Monate Zeit, die für das Volksbegehren erforderliche Zahl von etwa 175 000 gültigen Unterschriften zu erreichen.
Die Berliner Bezirkswahlämter haben den Angaben zufolge bisher 50.962 Unterschriften geprüft. Davon sind 38.334 gültig und 12.628 ungültig. Der Anteil ungültiger Unterschriften an den eingereichten beträgt der Landeswahlleitung zufolge damit nicht ganz ein Viertel (24,8 Prozent).
Häufigster Grund für die Ungültigkeit sei die fehlende deutsche Staatsangehörigkeit (56,3 Prozent) der Unterschreibenden. Erforderlich sind Unterschriften von mindestens 7 Prozent der zum Abgeordnetenhaus Wahlberechtigten innerhalb der vorgegebenen Frist von vier Monaten. Sie endet am 25. Juni. „Wir sind weit über dem Soll und damit auf einem sehr guten Weg“, so ein Sprecher der Initiative am Montag. „Wenn wir 1700 Aktiven und die vielen weiteren Unterstützerinnen und Unterstützer in der Stadt jetzt so weiter machen, dann werden wir bis zum 25. Juni die Mindestzahl von 175 000 gültigen Unterschriften deutlich überschreiten.“
Kommt der Volksentscheid?
Kommt die nötige Zahl zusammen, folgt ein Volksentscheid, der wie eine Wahl abläuft. Er könnte dann parallel zur Abgeordnetenhauswahl am 26. September stattfinden. Um das Volksbegehren zu beantragen, hatte „Deutsche Wohnen & Co. Enteignen“ 2019 schon gut 77.000 Unterschriften gesammelt – mindestens 20 000 waren in der ersten Phase nötig. Nach mehr als einjähriger juristischer Prüfung gab der Senat grünes Licht. Laut Gesetz musste die Initiative aber noch abwarten, ob das Abgeordnetenhaus ihr Anliegen übernehmen würde, was nicht geschah. Daraufhin begann am 26. Februar die zweite Sammelphase.
Lesen Sie hier mehr zum Thema:
Explosion der Immobilien-Preise: Mieten ist immer öfter lohnender als Kaufen
So erfüllt sich Ihr Traum vom Eigenheim
Das sind die 7 größten Fehler beim Hauskauf
Kein Platz für Familien: So wenig Fläche gibt es noch für 1.000 Euro Miete
Es ist noch nicht zu spät: Warum Immobilien auf dem Land eine Chance sind
Auszug oder Umbau: Was tun, wenn Senioren das Haus zu groß wird?