Geldanlage

Milliarden-Verlust: Realzins pulverisiert deutsche Spareinlagen

Lesezeit: 3 min
15.04.2021 11:49  Aktualisiert: 15.04.2021 11:49
Der Realzins dreht im zurückliegenden Quartal mit minus 1,25 Prozent einmal mehr ins Negative. Was bedeutet, dass die Ersparnisse der Deutschen im 1. Quartal real 8,1 Milliarden Euro an Wert verlieren. Doch es kommt noch schlimmer.
Milliarden-Verlust: Realzins pulverisiert deutsche Spareinlagen
Die Niedrigzinsen verbrennen die Spareinlagen. (Foto: iStock.com/photoschmidt)
Foto: photoschmidt

8,1 Milliarden Euro haben die Spareinlagen der Deutschen im ersten Quartal 2021 real an Wert verloren: Pro Kopf sind das 97 Euro. Hintergrund sind die anhaltend niedrigen Zinsen und eine zum Jahresbeginn wieder gestiegene Inflation. Zu diesen Ergebnissen kommt der quartalsweise erscheinende comdirect Realzins-Radar, der gemeinsam mit Barkow Consulting ermittelt wird.

In den ersten drei Monaten 2021 lagen die Zinssätze für Tages- und Festgelder, Girokonten und Spareinlagen bei durchschnittlich 0,11 Prozent. Die Inflationsrate, die im zweiten Halbjahr 2020 durch die gesenkte Mehrwertsteuer negativ war, zog im ersten Quartal wieder an und betrug durchschnittlich 1,36 Prozent. Daraus ergibt sich ein Realzins von minus 1,25 Prozent. Der Realzins ist der Zins nach Abzug der Inflation, also der Zins, den die Sparer unter Berücksichtigung des Kaufkraftverlustes erzielen.

Rekordverluste auf Einlagen

In der langfristigen Betrachtung wird der Wertverlust durch negative Realzinsen besonders deutlich: Seit Ende 2010 haben die deutschen Sparer durch Niedrigzins und Inflation bereits 151,9 Milliarden Euro verloren – das sind insgesamt 1.847 Euro pro Bundesbürger.

„Sparer müssen in diesem Jahr sogar mit Rekordverlusten auf Einlagen rechnen“, sagt Andreas Lipkow, Marktexperte von comdirect. „Während Zinserhöhungen noch lange nicht in Sicht sind, könnte die Inflation in den nächsten Monaten deutlich an Fahrt aufnehmen.“

Trotz dieser Zahlen haben die Deutschen seit Beginn der Corona-Pandemie so viel gespart wie nie zuvor: Insgesamt legten sie in den vergangenen 12 Monaten zusätzliche 173 Milliarden Euro in Form von Spareinlagen zurück. „Viele Menschen haben in der Krise nicht nur aufgrund des unsicheren wirtschaftlichen Umfelds mehr gespart, sondern weil sie notgedrungen weniger für Freizeitaktivitäten, Restaurantbesuche und Urlaub ausgeben konnten“, erklärt Lipkow. Rund 2,6 Billionen Euro insgesamt haben Sparer hierzulande in liquiden Mitteln auf die hohe Kante gelegt.

Aktien als Ausweg?

Um sich langfristig ein finanzielles Polster aufzubauen, sollte nur ein Teil der Ersparnisse als Spareinlage für unvorhergesehene Ausgaben verfügbar gehalten werden. Den darüberhinausgehenden Teil des Vermögens sollten die Anleger investieren und an der Börse für sich arbeiten lassen, rät Lipkow. Langfristig, das heißt auf Sicht von mindestens zehn Jahren, versprechen Aktien den höchsten Ertrag. Sie schwanken zwar stärker, aber die Wertschwankungen an den Börsen werden mit der Zeit ausgeglichen. Außerdem sollten Anleger das Risiko in ihrem Depot breit streuen, über viele Einzeltitel, Branchen und Länder. So lassen sich Verluste ausgleichen und abfedern. „Im vergangenen Jahr haben wir gesehen, dass bei immer mehr Menschen in Deutschland endlich ein Umdenkprozess stattfindet. Die hohe Volatilität an den Börsen im Zuge der Pandemie war für viele ein Anlass, sich mit dem Thema Börse auseinanderzusetzen und verstärkt oder sogar erstmals in Aktien, ETFs oder Fonds zu investieren“, schildert Lipkow. Mit Sparplänen können auch Anleger mit schmalem Budget bereits ab 25 Euro monatlich in die Wertpapieranlage einsteigen.

Zum comdirect Realzins-Radar: Der comdirect Realzins-Radar wird viermal im Jahr jeweils für das abgelaufene Quartal erhoben. Er untersucht, wie hoch der Wertverlust durch Geldeinlagen ist, deren Verzinsung unterhalb der Inflationsrate liegt.

Lesen Sie mehr zum Thema:

Das sind die Vor- und Nachteile von ETFs

Vermeiden Sie diese 7 Fehler beim Aktienkauf

Interview: „Die Abneigung gegen Aktien wurde den Deutschen antrainiert“

Alle reden von Inflation, doch was wird den großen Preisschub auslösen?

Höhere Inflation im Anmarsch – ein gutes Omen für Gold

Wenn sich die Börse überhitzt, bringt Gold Sicherheit ins Portfolio

***

Altersvorsorge-neu-gedacht.de ist eine Publikation von Bonnier Business Press Deutschland und ist Ratgeber zu den Themen Vorsorge und Geldanlage.

ANG
Vorsorge
Vorsorge Unter 1.200 Euro Rente für jeden fünften lange Versicherten
23.07.2024

In Deutschland erhalten Menschen nach 45 Versicherungsjahren im Schnitt 1.604 Euro Rente, doch jeder Fünfte bekommt weniger als 1.200...

ANG
Börse
Börse Zielsenkung schickt Porsche gegen Rekordtief - Holding leidet mit
23.07.2024

Die Porsche-Aktien stürzen ab, nachdem das Unternehmen seine Jahresprognosen gesenkt hat. Analysten sind überrascht über die Warnung,...

ANG
Börse
Börse Bondmarkt-Analyse: Wie ein Trump-Sieg die Märkte beeinflusst
12.07.2024

Die bevorstehende US-Präsidentschaftswahl verspricht ein enges Rennen zwischen Amtsinhaber Joe Biden und seinem Herausforderer Donald...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Pflege im Heim noch teurer - Druck für Reform
15.07.2024

Die Kosten für die Pflege im Heim steigen weiter an. Eine aktuelle Auswertung des Verbands der Ersatzkassen zeigt, dass trotz erhöhter...

ANG
Börse
Börse Aktien Frankfurt: Dax nach drei Gewinntagen knapp im Minus
15.07.2024

Nach einem dreitägigen Höhenflug lassen es die Anleger bei deutschen Aktien am Montag ruhiger angehen. Der DAX verlor gegen Mittag 0,09...

ANG
Geldanlage
Geldanlage Goldskandal: Fälschungen und Unsicherheiten für Anleger
12.07.2024

Im aktuellen Goldskandal um die Swiss Gold Treuhand AG (SGT) stehen Anleger möglicherweise vor erheblichen Verlusten. Das Unternehmen hat...

ANG
Vorsorge
Vorsorge Bundesbank-Chef: Rentenalter an Lebenserwartung anpassen
15.07.2024

Bundesbank-Präsident Joachim Nagel fordert eine Anpassung des gesetzlichen Rentenalters an die steigende Lebenserwartung. Im Gespräch mit...

ANG
Geldanlage
Geldanlage 200 Millionen Euro Kosten: Sparkassen bereiten sich auf digitalen Euro vor
15.07.2024

Die Implementierung des digitalen Euro dürfte für die Sparkassen-Finanzgruppe teuer werden. Doch die Kosten sind nicht das Hauptproblem....