Geldanlage

Krisen-Tauschmittel: Womit sich im Blackout und anderen Systemcrashs bezahlen lässt

Lesezeit: 5 min
21.11.2022 15:07  Aktualisiert: 21.11.2022 15:07
Die Bargeldversorgung könnte in einem Extremszenario zusammenbrechen. Sollte man darum Gold- und Silbermünzen bevorraten?
Krisen-Tauschmittel: Womit sich im Blackout und anderen Systemcrashs bezahlen lässt
Diese Frau bekommt am Geldautomaten keine Euro-Scheine. (Foto: iStock.com/PKpix)
Foto: PKpix

Bargeld kann in einer extremen Krise als Tauschmittel ausfallen, zum Beispiel in einem Sonnensturm, einem großen Krieg oder einer Hyperinflation. Etwa erwägt die Bundesregierung derzeit eine tägliche Begrenzung von Bargeld-Auszahlungen bei Blackouts, um die Versorgung mit Münzen und Scheinen zu sichern.

Wer sich auf solche Szenarien vorbereiten möchte, steht vor der Frage, wie er dann noch bezahlen soll. Herbert Saurugg, der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge, rät im ANG-Gespräch für ein Blackout-Szenario zu Bargeld und Lebensmitteln. „Lebensmittel zum Tauschen oder herschenken, weil das zur eigenen Sicherheit beiträgt“, erklärt er.

Auch das Bundesamt für Katastrophenschutz und Bevölkerungsschutz schreibt im „Ratgeber für Notfallvorsorge“, man solle für einen Energieausfall „eine ausreichende Bargeldreserve“ im Haus haben. Die oberösterreichische Zivilschutzbehörde nennt sogar eine konkrete Summe von 500 Euro pro Haushalt. Wer sich zusätzlich für eine Situation vorbereiten möchte, in der das heimische Bargeld seinen Wert verliert – etwa eine Hyperinflation – kann auch ausländische Scheine zurücklegen.

Fertignahrung wäre gefragt

Laut einer Studie des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag würden vor allem verzehrfertige Lebensmittel gekauft. Die Studie von 2014 über die Folgen eines flächendeckenden Stromausfalls nennt als Beispiele Brot und Backwaren, Cerealien, Wurstwaren, Obst und Konserven sowie Grundnahrungsmittel wie Milch, Öl, Zucker und Wasser. Diese Produkte wären vielerorts im Verlauf der ersten Woche des Blackouts ausverkauft, denn viele Bürger hätten zuhause keine Kochmöglichkeit ohne Strom, vermuten die Autoren.

Der Finanzwissenschaftler Christian Rieck, Autor des Buchs „Die 36 Strategeme der Krise“, rät zu nützlichen Alltagsgegenständen. Sinnvoll seien etwa Toilettenpapier oder Konserven, erklärt der Frankfurter Professor in einem Youtube-Video. „Toilettenpapier hat eine sehr kleine Stückelung und eignet sich darum sehr gut als Tauschgegenstand, der gleichzeitig einen hohen Nutzwert hat.“

Das Büro für Technikfogen-Abschätzung rechnet zudem bei einem Blackout mit einer hohen Nachfrage nach Kerzen, Batterien, Decken und Taschenlampen. Krisenvorsorge-Experte Herbert Saurugg wirft ein, dass Zigaretten häufig als wichtige Tauschware genannt würden. „Ich denke, dass man da durchaus die eigene Umgebung mitbeurteilen muss, was da vielleicht benötigt werden kann“, erklärt er. Der Vorteil von Lebensmitteln und Alltagsgegenständen: In einem rotierenden System kann man diese selbst verbrauchen, falls die Krise ausbleibt.

Vorsicht Edelmetalle

Saurugg mahnt indes zur Vorsicht bei Edelmetallen. „Silber und Gold sind eher nicht geeignet, da man da leicht die Aufmerksamkeit auf sich lenken und Begehrlichkeiten wecken könnte“, erklärt er. Sie seien allenfalls längerfristig geeignet. Etwa tauschen die Venezuelaner in der Jahre andauernden Hyperinflation mit kleinen Goldnuggets in den östlichen Landesteilen, wo viel Gold abgebaut wird.

Auch Christian Rieck hält nichts von Silbermünzen als Krisengeld. „Die Wahrscheinlichkeit ist relativ groß, dass man überfallen wird, wenn man mehrfach mit Silbermünzen bezahlt.“

Gold hat laut Rieck den Nachteil, dass es zu wertvoll zum Tauschen sei. Gold sei ein Wertspeicher, mit dem man Vermögen über eine Krise retten könne. „Diese beiden Dinge – Wertspeicher und Tauschgegenstand – sollte man nicht miteinander verwechseln“, sagt Rieck. Ansonsten sei man womöglich gezwungen, einen kostbaren Wertspeicher gegen einen gewöhnlichen Alltagsgegenstand zu tauschen.

Münzen oder Combibarren?

Wer dennoch auf Gold und Silber setzen möchte, könnte laut Herbert Saurugg auf Münzen zurückgreifen. Manche Experten würden nämlich zu Münzen raten, die gesetzliches Zahlungsmittel seien und somit Geldwert hätten. Etwa ist der Wiener Philharmoniker Silber (1 Unze) in Österreich gesetzliches Zahlungsmittel mit einem Nennwert von 1,50 Euro.

Eine relativ günstige Goldmünze in kleiner Stückelung ist der Schweizer 20-Franken-Vreneli, von dem zwischen 1897 und 1949 knapp 60 Millionen Stück geprägt wurden. Die Münze mit 5,81 Gramm Feingold-Gehalt kostet im Edelmetallhandel aktuell rund 350 Euro. Der britische Sovereign handelt ebenfalls mit einem relativ geringen Aufgeld und kostet derzeit circa 440 Euro (7,32 Gramm Feingold).

Der Edelmetallhändler Tim Schieferstein rät indes von Silber-Combibarren ab. Dabei handelt es sich um Silbertafeln, aus denen sich kleine Plättchen von einem oder zehn Gramm Silber herausbrechen lassen. „Bei einem Silber-Combibarren zahlen Sie aufgrund der hohen Prägekosten zu viel“, erklärt Schieferstein in einem Youtube-Video. Ein weiterer Nachteil: Die kleinen Silber- und Goldplättchen dürften in einer Krise weniger Abnehmer finden als Münzen, die über ein aufwendiges Münzbild und Sicherheitsmerkmale verfügen.

Platin und Palladium sind als Krisen-Tauschmittel noch problematischer. Der Handelspartner könnte nämlich die Weißmetalle für gewöhnliches und deutlich günstigeres Silber halten.

***

Elias Huber arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und schreibt vor allem über Konjunktur, Edelmetalle und ETFs sowie die ökonomische Lehre der Österreichischen Schule. 

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