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Kommt die Währungsreform – und wie schützen sich Anleger?

Lesezeit: 7 min
12.09.2022 16:07  Aktualisiert: 12.09.2022 16:07
Der Euro steht unter gehörigem Druck. Was können Anleger tun, um sich gegen einen Euro-Kollaps abzusichern?
Kommt die Währungsreform – und wie schützen sich Anleger?
Der Staat könnte über eine Währungsreform die D-Mark wieder einführen. (Foto: iStock.com/kanvag)
Foto: kanvag

Derzeit scheint sich der perfekte Sturm an den Finanzmärkten zusammenzubrauen. Geopolitische Konflikte, Zinserhöhungen, Inflation, weiter steigende Schulden der Euro-Südländer und die Gefahr von Energieknappheit bis schlimmstenfalls einem Blackout.

Experten rechnen dennoch nicht mit einem baldigen Auseinanderbrechen des Euro. „Eine große Währungsreform in der Eurozone in den nächsten fünf bis zehn Jahren ist nicht in Sicht“, erklärt der VWL-Professor Steve Hanke gegenüber ANG. Die Wahrscheinlichkeit für eine große Reform, die Privatanleger betreffen würde, hält er für „sehr, sehr gering“.

Hanke ist ein bekannter Währungsreformer, der bereits unzählige Staaten auf der ganzen Welt beraten hat, deren Währungen aufgrund von Inflation kollabierten. Das Vertrauen in den Euro sei zwar „gering“, erklärt Hanke, besonders wegen der hohen Inflation. Dennoch rechnet er nicht mit großen Reformen. „Solche Reformen wären sehr umstritten und würden die EU in ihren Grundfesten erschüttern – ein Thema, das kein europäischer Politiker anfassen möchte“, argumentiert der Professor der John-Hopkins-Universität.

Euroaustritt von Nordländern

Auch der Konjunkturexperte Philipp Bagus erwartet keine baldige Rückkehr zu nationalen Währungen. „In den nächsten fünf bis zehn Jahren wird uns der Euro wahrscheinlich noch erhalten bleiben“, sagt der VWL-Professor gegenüber ANG. Er halte eine Währungsreform auf europäischer Ebene für wahrscheinlicher – etwa dass eine Null gestrichen werde, weil die Inflation aus dem Ruder laufe.

Einen Austritt Deutschlands oder eines anderen Nordlandes kann sich Bagus schwer vorstellen. „Die Politiker der Nordstaaten werden sich einen Alleingang ohne Deutschland nicht trauen.“ Kleinen Ländern wie Finnland würden Sanktionen oder andere wirtschaftliche Benachteiligungen drohen. Auch innenpolitisch könnten Nordpolitiker unter Druck geraten. „Wenn etwas schiefgeht oder eine Rezession kommt, dann muss sich der Politiker vor den Wählern und der Opposition rechtfertigen“, führt Bagus aus.

Bagus schrieb bereits im Jahr 2010 in seinem Buch „Die Tragödie des Euro“, dass die Gemeinschaftswährung in einem von drei Szenarien enden werde: Einem Auseinanderbrechen des Euro (Währungsreform), einem langsamen Sich-Heraussparen aus den Schulden oder einer zunehmenden Vergemeinschaftung. Dabei hielt Bagus die Vergemeinschaftung für am wahrscheinlichsten, also dass der Euro über Staats- und Notenbankgeld immer weiter künstlich am Leben erhalten wird und die Nationalstaaten zunehmend Souveränität an die EU abgeben. Außerdem warnte er vor galoppierender Inflation.

Wie würde eine Währungsreform ablaufen?

Klar ist: Würde der Euro auseinanderbrechen und Deutschland zur D-Mark zurückkehren, müsste eine Währungsreform im Geheimen vorbereitet werden. Ansonsten würden die Bürger fluchtartig die Konten räumen und die Euros, die demnächst in D-Mark oder andere Währungen gewechselt werden, in Sachwerte wie Gold, Aktien oder Immobilien tauschen. „Bricht der Euro auseinander, müssten Konten eingefroren werden, womöglich für ein Jahr“, erklärte etwa die Großbank Credit Suisse gegenüber der Wirtschaftswoche in der Euro-Krise im Jahr 2011.

Die deutsche Währung würde gegenüber den Südländern vermutlich aufwerten, jedoch gegenüber dem Nicht-EU-Ausland eher abwerten. Der Grund: Das Vertrauen in die neuen Währungen dürfte erst einmal gering sein, wobei das deutsche Geld relativ gesehen mehr Ansehen genießen dürfte aufgrund der solideren Staatsfinanzen. Staatsanleihen der Südländer würden komplett oder nahezu wertlos werden. Wer Kontoguthaben bei einer südeuropäischen Bank hält, könnte Vermögensverluste aufgrund der Abwertung erleiden.

In Euro notierte Forderungen und Verbindlichkeiten würden in die neue Währung übertragen – etwa Bankguthaben, Mieten, Löhne und Bargeldvermögen. Das Umrechnungsverhältnis würde von den gesetzlichen Vorgaben der Währungsreform abhängen. Bei der Währungsreform von 1948 wurden Bankguthaben im Verhältnis von 100 zu 6,5 umgestellt – aus 1000 Reichsmark wurden also 65 D-Mark. Löhne und Mieten kamen mit dem Verhältnis eins zu eins deutlich besser weg.

Nicht jede Währungsreform ist konfiskatorisch

Auch die Aktienkurse wurden um über 90 Prozent in der D-Mark herunternotiert. Dazu kam ein Börseneinbruch im Jahr 1949, bei dem die Kurse der 30 größten deutschen AGs um 83 Prozent fielen. Dennoch entwickelten sich Aktien infolge besonders stark: Laut den Forschern Christian Wulff, Richard Stehle und Yvett Richter betrug die inflationsbereinigte Rendite im Jahr 1949 knapp 170 Prozent. Insgesamt dauerte es bloß bis zum Jahr 1955, bis die Kurse inflationsbereinigt auf das Niveau vor der Währungsreform gestiegen waren. Auch die Besitzer von amerikanischen Aktien standen nach dem Krieg verhältnismäßig gut da. Gold bot in US-Dollar gerechnet einen Kaufkrafterhalt.

Wer hingegen in Immobilien investiert war, musste über das Lastenausgleichsgesetz bis zu 50 Prozent des Immobilienwerts an den Staat abdrücken. Auch die Leute, die von der Entwertung ihrer Hypothek oder Kredite über die Währungsreform profitiert hatten, mussten eine Vermögensabgabe an den Staat leisten.

Gleichwohl müssen Währungsreformen nicht zwangsläufig von Enteignungen flankiert sein. Die Währungsreform ist im Gegenteil ein wichtiger Schritt zur Gesundung einer Volkswirtschaft, nachdem die Währung aufgrund hoher Geldschöpfung der Notenbank kollabiert ist. Steve Hanke berichtet etwa über seine Mitarbeit an Währungsreformen, dass entweder die Währung an eine ausländische Währung gekoppelt wurde (sogenannte Currency Boards) oder der US-Dollar eingeführt wurde. Etwa habe die Einführung eines Currency Boards in Bulgarien im Jahr 1997 die Hyperinflation beendet, das Bankensystem innerhalb von einem Jahr zahlungsfähig gemacht und die Devisenreserven innerhalb von zwölf Monaten verdreifacht, erklärt Hanke.

Wie können sich Anleger schützen?

Anlegern bleiben indes bloß zwei relativ sichere Wege, um sich vor Enteignung zu schützen: Auswandern oder eine Familienstiftung im Ausland. Wer auswandert, darf sich aber bloß weniger als 183 Tage pro Jahr in Deutschland aufhalten und muss seinen Lebensmittelpunkt nachweislich ins Ausland verlagern. Die Familienstiftung eignet sich bloß für Vermögen zwischen zwei und drei Millionen Euro aufwärts, wie ein Experte gegenüber ANG erklärte.

Kleinanleger können sich kaum wehren. Im Voraus können sie nicht wissen, welche Vermögensklassen der Staat enteignen oder besteuern wird. Der Finanzwissenschaftler Hartmut Walz rät darum in seinem Buch „Einfach genial entscheiden im Falle einer Finanzkrise“ zu einer Strategie des geringsten Bedauerns: Kleinanleger sollten sich auf alle möglichen Krisenszenarien vorbereiten – etwa Enteignung, Zerstörung oder einen Finanzcrash – und dabei den zu erwartenden, durchschnittlichen Schaden über alle Anlagen hinweg minimieren.

Wer etwa einen baldigen Euro-Kollaps erwartet, kann nur noch einen Notgroschen und liquide Mittel für die Lebenshaltung in Euro halten. Die restliche Liquidität kann er in Sachwerte und Fremdwährungen investieren – letztere in Form von Bargeld, Kontoguthaben oder Anleihen. Doch selbst allen anderen rät Hartmut Walz zur Diversifikation beim Cash im Portfolio. Dazu eigneten sich Fremdwährungsanleihen mit einer Laufzeit von maximal vier Jahren. Diese sollten zwischen fünf und acht Prozent der gesamten Liquiditätsreserve ausmachen, um das Währungsrisiko zu begrenzen, erklärt er.

Edelmetalle und Optionen

Eine weitere Option ist physisches Gold und Silber. Goldmünzen und -barren stehen bloß für einen Anteil im unteren einstelligen Prozentbereich der Vermögen der Deutschen. Zudem liegen dem Staat keine Eigentümerdaten vor: Die Durchsetzung einer Vermögensabgabe auf Edelmetalle wäre also verhältnismäßig aufwendig. Silber kann dabei eine Absicherung sein für alle, die sich vor einem Goldverbot fürchten. Etwa ist bei der EU-Machbarkeitsstudie für ein Vermögensregister bloß die Rede von Gold, aber nicht von Silber.

Hartmut Walz schlägt außerdem vor, die eigene Verschuldung zu begrenzen. Bei einer Währungsreform sei es nämlich keineswegs automatisch so, dass die Schulden vorteilhaft in die neue Währung umgerechnet würden. Etwa seien bei der Währungsreform von 1948 Schuldner nachträglich über den Lastenausgleich zur Kasse gebeten worden.

Zuletzt: Wer in einer Krise Optionen hat, ist besser abgesichert. Etwa können sich Anleger eine zweite Einkommensquelle über eine nebenberufliche Tätigkeit aufbauen. Wer zudem den Konsum begrenzt oder unnötige Ausgaben vermeidet, kann mehr Reserven für Krisen aufbauen. Außerdem kann es Sinn machen, sich Alternativen zu erarbeiten, etwa eine Rückkehroption bei einem früheren Arbeitgeber.

                                                                            ***

Elias Huber arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und schreibt vor allem über Konjunktur, Edelmetalle und ETFs sowie die ökonomische Lehre der Österreichischen Schule. 


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