Ein Drittel der Deutschen wünscht sich die D-Mark zurück, wie eine Forsa-Umfrage aus dem vergangenen Jahr ergab. Doch von den deutschen Ökonomen ist diese Forderung fast gar nicht zu hören.
Auch hinterfragen Volkswirte kaum den politischen und wirtschaftlichen Status Quo. Etwa war in einer Umfrage kein einziger von 40 US-Top-Ökonomen der Meinung, ein Goldstandard würde den Lebensstandard des durchschnittlichen US-Amerikaners verbessern. Dabei war die Inflation zu Zeiten des internationalen Goldstandards von 1871 bis 1913 deutlich geringer als heute und das Wachstum war viel höher.
Der Volkswirt Philipp Bagus übt deutliche Kritik am akademischen Betrieb. „Es geht nicht primär um die Wahrheit“, erklärt der VWL-Professor im ANG-Gespräch. Bagus vertritt als Ökonom der sogenannten Österreichischen Schule eine Minderheitenmeinung innerhalb der Volkswirtschaftslehre.
Karriere macht, wer veröffentlicht
Laut dem Professor liegt das Problem vor allem im Publikationsdruck. Wer eine Professorenstelle wolle, müsse in angesehenen Fachzeitschriften veröffentlichen. Doch die Journals würden von Ökonomen kontrolliert, die im Status Quo verharren würden. Abweichende Meinungen fänden kaum Gehör.
Der US-Ökonom Lawrence White berichtet in einer Analyse aus dem Jahr 2005, dass viele Redakteure von Fachzeitschriften Verbindungen zur US-Notenbank Federal Reserve haben. White, ein Spezialist für Geld- und Konjunkturtheorie der George Mason University, ist für ein freies Bankensystem ohne Zentralbank und wollte wissen, warum so wenige seiner Fachkollegen diese Position unterstützen.
Laut der Analyse haben mindestens 85 Prozent der Redakteure der wichtigsten Fachzeitschriften im Bereich Geld- und Konjunkturtheorie zumindest einmal für die Fed gearbeitet, etwa als Gastwissenschaftler, Festangestellter oder als Berater.
Einseitige Vergabe von Forschungsgeldern
75 bis 80 Prozent der Artikel hätten mindestens einen Autor, der ebensolche Verbindungen zur Fed unterhalte. „Sie wissen, dass ihre Forschung bei Fed-nahen Zeitschriftenherausgebern und Gutachtern bestehen muss“, schreibt White über die Ökonomenschaft.
Philipp Bagus sieht außerdem Probleme bei der Vergabe von Forschungsgeldern. „Hier ist von vornherein klar, was das Ergebnis eines Forschungsprojektes sein soll, egal ob die Drittmittel von Banken oder vom Staat kommen“, erklärt der Professor. Er versuche daher gar nicht mehr, diese Gelder zu beantragen.
Bagus zufolge werden Ökonomen zu Regulierungsexperten ausgebildet und verdienten damit ihren Lebensunterhalt. „Sie werden an Universitäten geschult, wie Regierungen etwa Geldpolitik oder Umweltpolitik umsetzen können.“ Wer da die Existenz einer Zentralbank oder große Teile des Staatsapparates infrage stelle, würde seine eigene Existenz infrage stellen.
Notenbanken sind wichtigste Arbeitgeber
Viele Ökonomen seien zudem Staatsangestellte oder arbeiteten für eine Geschäfts- oder Zentralbank. Das führe zu Interessenkonflikten. Etwa würde ein Bankökonom wohl kaum das Teilreserve-Privileg der Geschäftsbanken infrage stellen, Geld aus dem Nichts zu schöpfen, und ein Zentralbank-Ökonom würde nicht die Rückkehr zur D-Mark fordern, führt Bagus aus.
Laut Lawrence White ist die Fed die größte Arbeitgeberin für US-Forscher, die auf Geld und Konjunktur spezialisiert sind. Demnach sind bei Fed-Banken 495 Vollzeitökonomen angestellt, während die Top-50-Universitäten in den USA bloß 390 Wirtschaftswissenschaftler beschäftigen, die als Forschungsschwerpunkt Geld, Makroökonomie oder Banking angeben.
Der US-Nobelpreisträger Milton Friedman warnte wegen der Heerschar an Fed-Ökonomen sogar vor einem Meinungsoligopol, das die Fed in der Geld- und Konjunkturforschung habe. „Dieses Problem mit der Fed ist der Grund, warum das Shadow Open Market Committee so relevant ist“, schrieb der Ökonom im Jahr 1993 über eine Versammlung von Ökonomen, die der Fed-Politik kritisch gegenübersteht.
In alternativen Quellen informieren
Auch die europäischen Notenbanken dürften locker eine vierstellige Zahl an Ökonomen beschäftigen, die etwa über Fachzeitschriften Einfluss auf den medialen und somit gesellschaftlichen Diskurs ausüben. Die Bundesbank hat nach eigenen Angaben knapp 10.400 Vollzeit-Mitarbeiter. Die EZB spricht von 3500 Mitarbeitern am Frankfurter Sitz.
Philipp Bagus rät aufgrund der Interessenkonflikte daher, sich auch in alternativen Quellen zu informieren abseits der großen Medien und Universitäten.
Laien sollten außerdem auf den gesunden Menschenverstand vertrauen. Denn ökonomische Fragen wie die Folgen einer Geldmengen-Ausweitung lassen sich meist mit einfachen Knappheits- und Anreizüberlegungen lösen. Aufwendige empirische Studien sind häufig gar nicht nötig, sondern simple logische Schlussfolgerungen.