Geldanlage

Bundestag verhandelt eine Vermögensabgabe – wie schützen sich Anleger?

Lesezeit: 7 min
28.11.2022 13:45  Aktualisiert: 28.11.2022 13:45
Eine Vermögensabgabe findet aktuell viele Anhänger. Ein Experte erklärt im ANG-Gespräch, was der beste Vermögensschutz gegen staatliche Enteignung ist.
Bundestag verhandelt eine Vermögensabgabe – wie schützen sich Anleger?
Auswandern, Familienstiftung, vermögensverwaltende Gesellschaft: Nicht jede Strategie schützt vor staatlicher Enteignung. (Foto: iStock.com/Pogonici)
Foto: Pogonici

Die deutschen Staatsschulden steigen in diesem Jahr so kräftig wie noch nie – und das trotz Rekord-Steuereinnahmen und einem Steuer- und Abgabenniveau, das so hoch ist wie noch nie. Die Forderungen nach einer Vermögensabgabe reißen dennoch nicht ab – etwa von der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken, dem Verdi-Chef Frank Werneke und der Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt.

Auch der Bundestag verhandelte am 10. November einen Antrag der Linken, Multimillionäre und Milliardäre zu enteignen. Zwar stimmten bloß 36 von 649 Abgeordneten dafür, aber die Forderung stieß auf Zustimmung. Etwa sagte ein SPD-Redner, er habe „Respekt für diesen Antrag“. Jedoch erlaube der Koalitionsvertrag keine Vermögensteuer oder Vermögensabgabe. Eine Grünen-Abgeordnete forderte, das Thema müsse aus einer Tabuecke in eine Gestaltungsecke gebracht werden.

Der Rechtsanwalt und Steuerberater Tim Greenawalt hält es auch aufgrund der Sympathiebekundungen etlicher Politiker für sinnvoll, über Vermögensschutz-Lösungen nachzudenken – auch wenn derzeit keine Vermögensabgabe geplant sei, wie er im ANG-Gespräch erklärt.

Familienstiftung im Ausland

Laut Greenawalt könnten Privatleute etwa eine Familienstiftung im Ausland gründen. „Diese sollte dann aber auch kein inländisches Vermögen haben, da dieses dann gegebenenfalls wieder steuerpflichtig werden würde“, erklärt der Anwalt, der vor allem Auswanderer berät. Anerkannt seien bloß Stiftungen aus EU-Ländern sowie Norwegen, Island und Liechtenstein, bei denen die Stiftung nicht widerruflich sei. Deshalb sollte der Schritt gut überlegt sein, weil er sich später nicht revidieren lasse.

Greenawalt rät zum Standort Liechtenstein, weil dort die Stiftung nahezu steuerfrei sei. Laut Experten lohnt sich eine Liechtensteiner Stiftung ab einem Vermögen von zwei bis drei Millionen Euro, weil die laufenden Kosten relativ hoch sind.

Doch auch eine Auslandsstiftung bietet keine hundertprozentige Sicherheit. Etwa brachte die Bundestagsfraktion der Grünen im Jahr 2012 einen Gesetzentwurf für eine Vermögensabgabe ein, bei dem das Stiftungsvermögen dem Stifter oder den Begünstigten des Vermögens zugerechnet wird.

Goodbye Deutschland

Laut Tim Greenawalt kann zudem eine Auswanderung schützen. „Anders als etwa in den USA gibt es in Deutschland derzeit keine Besteuerung nach der Staatsbürgerschaft“, erklärt er und fügt hinzu: „Auch wenn diese in letzter Zeit öfter diskutiert wird, würde die Einführung unter anderem voraussetzen, dass die bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen angepasst werden. Das ist nicht ausgeschlossen, braucht aber einiges an Vorbereitung.“

Der Staat könnte aber weiter ein Besteuerungsrecht haben, etwa über eine beschränkte Steuerpflicht oder über die überdachte Besteuerung mit der Schweiz. Das gelte vor allem, wenn noch bestimmte wirtschaftliche oder persönliche Verbindungen nach Deutschland bestünden. „Bei korrekter Planung lassen sich hier aber die wichtigsten Fallstricke vermeiden“, sagt Greenawalt.

Der Gesetzentwurf der Grünen aus dem Jahr 2012 schließt sogar Auswanderer ein. Abgabepflichtig sind demnach auch „deutsche Staatsangehörige, die sich zur Zeit der Festsetzung der Abgabe [am 1. Januar 2012] nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben“.

Eigentümerschaft diversifizieren

Eine weitere Lösung kann eine Erbschaft oder eine Schenkung sein. Wer etwas abgibt, hat selbst weniger Vermögen und fällt womöglich unter einen Freibetrag. Etwa sieht der Grünen-Gesetzentwurf Freibeträge von einer Million Euro pro Erwachsenem und 250.000 Euro pro Kind vor. Die Partei Die Linke spricht sich für einen Freibetrag von zwei Millionen Euro für Privatvermögen und fünf Millionen Euro für Betriebsvermögen aus.

Laut Tim Greenawalt kann ein Vorbehaltsnießbrauch sinnvoll sein. Dabei wird das Eigentum an einem Vermögenswert an einen Dritten übertragen, während der ursprüngliche Eigentümer den Vermögenswert weiter nutzen darf. Etwa könnte er weiter mietfrei bis ans Lebensende in einem Haus wohnen, das nun seinen Kindern gehört. Das senkt den Wert eines Vermögensgegenstandes, wodurch eine Privatperson unter einen Freibetrag fallen könnte.

Laut Greenawalt dürfte das Finanzamt aber genau prüfen, ob der Nießbrauchsvorbehalt tatsächlich gelebt werde. „Wenn sich der Nießbraucher als bisheriger Eigentümer weitreichende Rechte vorbehalten hat, die den Beschenkten faktisch rechtlos stellen, verbleibt in der Regel das sogenannte wirtschaftliche Eigentum beim Schenker und es kann sein, dass dann die Belastung nicht anerkannt wird.“ Außerdem sei denkbar, dass der Wert des Nießbrauchs zum Vermögen hinzugerechnet werde.

Vorteil Betriebsvermögen

Greenawalt bezweifelt, ob bestimmte Vermögenswerte wie Edelmetalle oder Edelsteine ausgenommen sein könnten. „Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass eine mögliche Vermögensabgabe jedenfalls das Privatvermögen möglichst gleichmäßig belasten wird“, erklärt der Steuerberater. Das Bundesverfassungsgericht habe im Jahr 1995 die Vermögenssteuer gerade deswegen als grundgesetzwidrig eingestuft, weil Vermögensarten unterschiedlich bewertet worden seien.

Anders liege die Sache aber bei Betriebsvermögen. Reinvestitionen ins Unternehmen seien steuerlich privilegiert, weil sie Arbeitsplätze schaffen würden und nicht ohne Weiteres ins Ausland verlagert werden könnten. „Über Betriebsausgaben und Abschreibungen lassen sich so in der Regel stille Reserven schaffen, die zunächst von einer Besteuerung ausgenommen sind.“

Greenawalt warnt allerdings davor, Privatvermögen willkürlich an ein Unternehmen zu übertragen. Etwa würde derzeit bloß operativ notwendiges Betriebsvermögen bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer geschont, aber nicht Verwaltungsvermögen. Bei einer Vermögensabgabe sei mit ähnlichen Maßstäben zu rechnen, erklärt der Anwalt. „Alles was langfristig ertragreiches Kapital und damit sogenanntes Steuersubstrat schafft, liegt tendenziell im Interesse des Staates.“

Was nicht funktioniert

Nicht alle Strategien funktionieren indes tatsächlich. Etwa warnen die Vermögensberater Gerd Kommer und Olaf Gierhake im Buch „Vermögen souverän schützen“ vor einem Konto oder einem Depot im Ausland. Allein schon wegen des Informationsaustausches zwischen vielen Ländern wüssten die Finanzbehörden meist Bescheid. Wer die Vermögenswerte dennoch verheimliche, mache sich der Steuerhinterziehung schuldig.

Gleiches gilt etwa für Edelmetalle und Edelsteine. Zwar können Anleger in der Schweiz Gold bis zu einem Betrag von 15.000 Schweizer Franken anonym kaufen. Aber wer das Gold in Deutschland wieder verkaufen will, muss sich ausweisen. Wer also sein Gold verheimlicht, würde nicht bloß in die Illegalität flüchten, sondern müsste möglicherweise einen Abschlag auf dem Schwarzmarkt in Kauf nehmen.

Tim Greenawalt rät von vermögensverwaltenden Gesellschaften im Ausland ab. Hier wird keine echte Trennung des Vermögens wie bei der Familienstiftung erreicht, wo das Vermögen der Stiftung gehört. „Durch derartige Versuche begibt man sich deshalb schnell in den Bereich der leichtfertigen Steuerverkürzung oder sogar Steuerhinterziehung“, sagt der Auswanderungsexperte.

Humankapital als Schutz

Greenawalt sieht den besten Vermögensschutz im Wissen und Können. „Den Kopf kann man nicht besteuern“, erklärt er. Wer eine Fähigkeit beherrsche, die gefragt sei, werde diese überall gewinnbringend einsetzen können. Wenn man die Fähigkeit in eine unternehmerische Existenz ummünze und sich den Ort mit den besten Voraussetzungen suche, habe man bessere Karten, als wenn man sich auf einen Kunden oder Arbeitgeber festlege.

Insgesamt besitzen die Deutschen Immobilienvermögen von über acht Billionen Euro. Dazu kommen laut Bundesbank Geldvermögen von circa sieben Billionen Euro, etwa Anteile an Investmentfonds, Aktien, Kontoguthaben und Bargeld.

Laut dem linken Forschungsinstitut DIW würde eine Vermögensabgabe von 10 Prozent 230 Milliarden Euro einbringen. So würden die deutschen Staatsschulden mit einem Schlag um 10 Prozent gesenkt. Die Ökonomen nehmen dabei einen Freibetrag von 250.000 Euro an. Auf diese Weise würden 8 Prozent der erwachsenen Bevölkerung enteignet.

                                                                            ***

Elias Huber arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und schreibt vor allem über Konjunktur, Edelmetalle und ETFs sowie die ökonomische Lehre der Österreichischen Schule. 

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