Bafin-Chef Mark Branson mahnt die Banken zu ausreichend Risikovorsorge. „Das Insolvenzrisiko ist gestiegen“, sagte der oberste Bankenaufseher erst vor wenigen Tagen. Die Gefahr nehme zu, dass Unternehmen Kredite nicht mehr bedienen könnten.
Auch die Finanzaufseher der EU warnten im September vor einer „Reihe schwerwiegender Risiken für die Finanzstabilität“. Steigende Energiepreise und Energieknappheit führten zu „Bilanzstress für Unternehmen und Haushalte“, erklärte der ESRB. Auch das Risiko eines Verfalls von Vermögenspreisen, etwa bei Immobilien, sei schwerwiegend.
Das war die erste sogenannte „allgemeine Warnung“ überhaupt des Expertengremiums, das im Jahr 2010 als Reaktion auf die Finanzkrise gegründet wurde.
Gesetzliche Einlagensicherung
Nicht bloß aufgrund dieser Warnungen mahnen Fachmänner zur Vorsicht mit Bankeinlagen. Sparer sollten nie mehr als 100.000 Euro auf einem Konto parken, lautet die einhellige Meinung zahlreicher Experten wie des Finanzwissenschaftlers Hartmut Walz.
Bis zu diesem Betrag sind Sicht-, Spar- und Termineinlagen sowie Namensschuldverschreibungen wie etwa Sparbriefe abgesichert, die auf Euro oder Fremdwährungen lauten. Die gesetzliche Einlagensicherung entschädigt dabei innerhalb von sieben Werktagen.
In Einzelfällen sind bis zu 500.000 Euro für sechs Monate nach Zahlungseingang geschützt, zum Beispiel bei Geld aus einem Immobilienverkauf oder aus einer Versicherung. Gesichert sind Einlagen von Privatkunden, Personen- und Kapitalgesellschaften.
Keine Staatsgarantie
Indes handelt es sich bei der gesetzlichen Einlagensicherung nicht um eine Staatsgarantie. Im Krisenfall springt nicht der Steuerzahler ein, sondern die Ansprüche werden aus einem Sondervermögen bedient, in das die Banken jährlich einzahlen müssen.
Insgesamt gibt es fünf gesetzliche Einlagensicherungssysteme, die jeweils über ein solches Sondervermögen verfügen: Die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken des Bundesverbands deutscher Banken, in der vor allem private Geschäftsbanken sind; die Entschädigungseinrichtung des Bundesverbands Öffentlicher Banken; der Deutsche Sparkassen- und Giroverband der Sparkassen; die Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen und die BVR-Institutssicherung, deren Mitglieder vor allem die Volks- und Raiffeisenbanken sind.
Die Einlagensicherungssysteme können neben den jährlichen Beiträgen auch Sonderbeiträge von den Mitgliedsbanken erheben und unter gewissen Voraussetzungen sogar Kredite aufnehmen, wie die Bafin auf ihrer Internetseite erklärt.
Deckung von unter 0,6 Prozent
Indes bietet die gesetzliche Einlagensicherung bloß bei leichten Krisen oder der Pleite von einer einzelnen Bank Schutz. Bei einem Flächenbrand werde es „sicher nicht mehr passen“, schreibt der Finanzwissenschaftler Hartmut Walz in seinem Buch „Einfach genial entscheiden im Falle einer Finanzkrise“. In einem solchen Fall wäre es „völlig offen, ob und in welcher Form die ausgesprochene Einlagengarantie eingehalten wird“.
Etwa gibt die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken keine Auskunft darüber, wie hoch das Vermögen der Einlagensicherung ist. Auf der Internetseite heißt es lediglich: „Die gesetzlich vorgeschriebene Zielausstattung für die EdB liegt bei 0,8 Prozent der gedeckten Einlagen und muss bis 2024 erreicht sein.“
Aus Zahlen der EU-Bankenaufsicht EBA geht indes hervor, dass die EdB über 3,9 Milliarden Euro verfügt. Diesen stehen aber mögliche Ansprüche von 705 Milliarden Euro gegenüber. Somit sind gerade einmal 0,56 Prozent der Einlagen gedeckt.
Einlagensicherung in der Zypern-Krise
Ähnlich sieht es bei den Einlagensicherungssystemen der Sparkassen (4,7 Milliarden Euro bzw. 0,57 Prozent) und der Volks- und Raiffeisenbanken (3,5 Milliarden Euro bzw. 0,58 Prozent) aus. Im Ernstfall würde die Einlagensicherung also bei weitem nicht ausreichen, um alle Bankeinlagen zu decken.
Bereits einmal stand denn auch die gesetzliche Einlagensicherung auf der Kippe: Während der Zypern-Bankenkrise im Jahr 2013 sollten auch Kleinanleger mit Einlagen unter 100.000 Euro zur Stützung des Bankensystems herangezogen werden.
Damals einigten sich die Eurogruppe und Zypern in Verhandlungen auf eine sogenannte Stabilitätsabgabe von 6,75 Prozent auf Guthaben unter 100.000 Euro. Bloß die öffentliche Entrüstung in Deutschland und anderswo verhinderte die Teilenteignung der Kleinsparer. Schlussendlich ruderten die Euroländer und Zypern zurück.
Bankenpleiten sind keine Seltenheit
Bankenpleiten sind Statistiken zufolge keine Einzelfälle. Etwa gingen in den USA zwischen 2001 und 2022 über 450 Banken bankrott. In einzelnen Krisenjahren betrug die Insolvenzwahrscheinlichkeit über 2 Prozent. Es musste also mehr als jede fünfzigste Bank dicht machen, wie aus Zahlen von kreditvergleich.net hervorgeht. In Deutschland zählte die Verbraucherseite mindestens zwanzig Bankenpleiten zwischen 2000 und 2015.
Ein Kontoguthaben gehöre auch nicht dem Bankkunden, wie der Vermögensberater Gerd Kommer in einem Blogbeitrag erklärt. „Ökonomisch betrachtet ist ein Bankguthaben ein unbesicherter Kredit vom Einleger an ein Finanzinstitut.“
Dabei leihe der Sparer sein Geld einem hochverschuldeten Unternehmen. Banken hätten nämlich mit über 90 Prozent einen höheren Fremdkapitalanteil als alle anderen Branchen. Zudem streuten Sparer häufig nicht einmal das Risiko, weil sie bloß ein Konto bei einer einzigen Bank hätten, argumentiert Kommer.
Risiko SAG
Eine weitere Gefahr lauert im sogenannten Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG). Dieses erlaubt es im Notfall, Bankeinlagen im Wert zu mindern oder auf null herabzusetzen. Das soll die Insolvenz der Bank verhindern, die weitere Institute in den Abgrund reißen könnte.
Betroffen wären alle Bankeinlagen wie Giro-, Tages- und Festgelder sowie Formen von Bankschuldverschreibungen, die im Wert vermindert oder auf null gesetzt werden könnten.
Die Bundesregierung hatte das Gesetz, das im Januar 2015 in Kraft trat, weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit verabschiedet. Bankeinlagen würden allerdings erst im allerletzten Schritt für die Schulden der Bank haften, wenn bereits alle anderen Vermögenswerte herangezogen wurden.
Staatsgarantie unsicher
Selbst der Staat könnte in einer schweren Finanzkrise nicht alle Einlagen retten. Etwa schien Peer Steinbrück eine solche Staatsgarantie in der Finanzkrise 2008 zu geben. Der damalige Finanzminister erklärte vor laufenden Kameras, die Bundesregierung wolle dafür Sorge tragen, dass die Sparer nicht befürchten müssen, „einen Euro ihrer Einlagen zu verlieren“.
Angela Merkel sagte sogar wörtlich: „Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind. Auch dafür steht die Bundesregierung ein.“
Experten kritisierten bereits damals, dass die Bankeinlagen der Deutschen viel zu hoch für eine staatliche Garantie seien. Die Folge wäre entweder eine extrem steigende Staatsverschuldung und Verschlechterung der Kreditwürdigkeit Deutschlands oder hohe Inflation, würde die EZB die Notenpresse anwerfen.
„Größte Garantie der Weltgeschichte“
Etwa äußerte der Bankenexperte Hans-Peter Burghof der Universität Hohenheim ein „gewisses Unbehagen“ über die Aussage von Merkel und sah darin gegenüber der Wirtschaftswoche „die größte Garantie in der Weltgeschichte“. Es sei unwahrscheinlich, dass die EZB so viel Geld drucken werde. Über den normalen Haushalt sei eine Garantie nicht finanzierbar. Der Staat könnte allenfalls Anleihen ausgeben. Das würde die Bonität des deutschen Staates verschlechtern. Zudem würde es nicht einfach werden, angesichts der Turbulenzen an den Finanzmärkten genügend Abnehmer zu finden.
Wer dem Bankkonto also nicht vertraut, kann einen ETF auf kurzlaufende Staatsanleihen (Restlaufzeit von maximal einem Jahr) von Euroländern hoher Bonität kaufen. Hier sind die Kosten zwar etwas höher als bei einem Tagesgeldkonto, aber dafür zählen ETF-Anteile als Sondervermögen. Geht die Depotbank pleite, haben Anleger dennoch Zugriff. Zudem könnte er Kontoguthaben zu Bargeld umtauschen, wodurch er Zentralbank- statt Buchgeld hält.
Wer einen Eurocrash fürchtet, könnte dem liquiden Portfolioanteil Fremdwährungen beimischen, etwa über eine Staatsanleihe mit maximal drei bis vier Jahren Restlaufzeit. Außerdem könnte er den Anteil von Sachwerten im Portfolio erhöhen, etwa durch eine höhere Aktien- oder Goldquote.